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Goldenes Internet
Kapitel 5: Soziale Netzwerke

Copyright © by V. Miszalok, last update: 2010-08-26

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  Web 2.0
  MySpace
  Facebook
  OpenSocial
  Meta-Community
  StudiVZ, SchülerVZ, Piczo, etc.
  Geschäftsnetzwerke: XING, LinkedIn
  Soziale Netzwerke auf Handy und Navi
  Gläserne und gefährliche Nutzer
  Problem Urherberschutz

Web 2.0

Der Verleger Tim O'Reilly veranstaltet 2005 eine Konferenz unter dem Phantasie-Namen Web 2.0. Thema: Wie macht man aus passiven Web-Konsumenten aktive Web-Teilnehmer ? Siehe: Web 2.0 by O'Reilly
Der 2005 nebelhafte Begriff Web 2.0 bezeichnet heute Blogs, Wikis, Netzwerke, d.h. alles im Internet, was die Surfer kollektiv selbst generieren. Im Web 2.0 gibt es keine Redaktion, keine Vorauswahl und nur wenig zentrale Lenkung und Kontrolle. Eine erstaunliche und noch wenig verstandene Tatsache ist, dass nicht zwangsläufig das totale Chaos, die Dummheit und der Vandalismus zerstörerisch herrscht. Im Gegenteil: Der Nutz- und Unterhaltungswert solcher Inhalte steigt offensichtlich mit der Zahl der Teilnehmer. Dadurch entsteht im Erfolgsfall ein Schneeball-Lawineneffekt: ein Massentreffpunkt im Internet.

Solch ein Massentreffpunkt entsteht nicht spontan, er benötigt Infrastruktur: Serverfarmen, Leitungen, Software, Personal.
Jeder Klick kostet den Veranstalter Geld. Beispiel: Die Facebook-Serverfarmen verbrauchen pro Monat Strom für 1 Mio $.
Folge: Alle Veranstalter, die keine Gebühren verlangen, verlieren Geld.
Trotzdem haben sie kein Problem, Geldgeber aufzutreiben und schnell zu expandieren. Ihr Motto: Wachstum geht vor Umsatz.
Wer am schnellsten wächst wird zum Liebling der Investoren, obwohl mit jedem neuen Nutzer weiteres Geld vernichtet wird.
Wer nicht so schnell wächst, verliert Investoren und scheitert ( Beispiele: Yahoo, 1und1, Bertelsmann ).
Sind die Besitzer und Investoren verrückt ?

Sie sind nicht verrückt, sie wissen, dass der Besitz von Werbefläche am Rande dieser Massentreffen eine Lizenz zum Gelddrucken ist.
Aber sie suchen hektisch nach einer Werbeform, die zum Internet passt, nachdem sie festgestellt haben, dass die klassische Werbeanzeige erfolglos und nerventötend ist.
Die meisten Werbekampagnen scheitern. Kaum eine Werbekampagne findet mehr als 1000 Freunde = Weiterempfehlungen.
Die Werbeform der Zukunft ist noch nicht gefunden und die erfolgreichen sozialen Netzwerke haben deshalb noch kein Geschäftsmodell wie Google eines hat.
Sie expandieren im geldleeren Raum.
Soviel ist inzwischen klar: Man muss dem Surfer etwas bieten, etwa ein Gewinnspiel, ein Preisausschreiben, jedenfalls etwas, an dem er mitmachen kann.
Es wird wild experimentiert. Beispiel: Eine Shampoo-Hersteller hat dazu aufgerufen, Videos mit Frisuren hochzuladen. Dieser Unfug hatte Erfolg.

Problem bei der Neugründung einer Web 2.0 Gemeinschaft:
Der Gründer braucht nicht nur Spürsinn für die Attraktivität seines Themas. Er muss dem ersten Teilnehmer etwas bieten, wo noch kein User-generierter Inhalte da ist. Er muss eine Vorleistung erbringen um eine (übrigens kaum voraussagbare) kritische Masse zu erreichen, die zum Selbstläufer wird.

Es gibt erstaunliche Fehlschläge Milliarden-schwerer Investitionen (wie z.B. MSN) und ebenso erstaunliche Erfolge von mittellosen Start-Ups (wie z.B. StudiVZ).
Neben den sehr schnell expandierenden Massentreffpunkten MySpace und Facebook gibt es weitere erfolgreiche Web 2.0 Start-Ups:
- www.mister-wong.de → Social Bookmarking
- corporate.xing.com → Social Networking
- www.hitflip.de → Tauschbörse für Bücher und Hörbücher
- www.weblin.com → Avatar
 
Alle melden (wahrscheinlich stark übertriebene) Teilnehmerzahlen und Zuwächse.
Der Marktwert eines Netzwerks beträgt ca. 40 bis 100 $ pro Nutzer.
Die Netzwerke sind lokal ganz unterschiedlich, jede Weltgegend hat ihre eigenen Favoriten.
Siehe: Le Monde vom Jan. 2008


Viele Surfer sind parallel in mehreren Netzwerken angemeldet aber können ihre Online-Zeit nicht beliebig ausdehnen. Deshalb sinkt die Verweildauer im einzelnen Netzwerk. Seit Anfang 2008 flaut generell in den Industrieländern die Begeisterung ab. Die Neuregistrierungen sinken → Marktsättigung.
Quelle der Graphik rechts: FAZ vom 10.03.2008
 
 

MySpace

MySpace, nicht börsennotiert, ist eine Social Community mit 100 Mio Teilnehmern, tägl. 150.000 Neuzugängen, in Deutschland 2,7 Mio Teilnehmer und 16 Angestellte. Eigentümer ist Rupert Murdoch, der MySpace 2006 für 580 Mio $ gekauft hatte.
MySpace war größer und eines der Vorbilder von Facebook, kommt aber inzwischen gegen Facebook ins Hintertreffen. Der Marktwert sinkt, obwohl MySpace die Google-Suchmaschine enthält und via Google AdSense jährlich ca. eine Mrd $ Werbeeinnahmen erzielt.
2007 startete das Werbesystems "Hyper-Targeting": Jeder Surfer wird eingeordnet in mindestens eine Schublade wie Sport, Mode, Finanzen, Spiele, Autos, Gesundheit etc. und bekommt eine auf sein Schublade zugeschnittene Werbung. Fanatiker, die nie genug Werbung bekommen können, treten einem Freundeskreis für einen Markenartikel bei: z.B. Friends of Coca Cola, wonach auch alle ihre Friends aufgefordert werden, das gleiche zu tun. Dort können dann alle nachlesen, welche schwachsinnigen Friends of Coca Cola welchen sonstigen Schwachsinn kaufen.
Außerdem kann jeder auf seiner Seite Sounds, Fotos, Videos, Feeds und Widgets einbinden.
Es gibt ca. 20 lokalisierte Sprachversionen.

 

Facebook

  Social Community mit angeblich 500 Mio Teilnehmern, tägl. 200.000 Neuzugänge, Werbeeinnahmen 1,4 Mrd. $, 2000 Angestellte, Sitz: Palo Alto, Cal.
Facebook wurde 2004 gegründet von dem Studenten (Psychologie+Informatik in Harvard abgebrochen) Mark Zuckerberg ("Zuck") für Studenten, ist aber jetzt offen für jedermann.
Geschäftsidee: Noch unausgegoren aber das Prinzip steht fest: Werbung so auf den Nutzer fokussieren, dass sie möglichst nicht nervt.
2010 liegt der Umsatz je Nutzer und Jahr gerade mal bei 3 $.
Das ist wenig im Vergleich zu Google, das 24 Mrd. $ Umsatz erzielt hat.

Wertentwicklung:
Stufe 1: Zuckerberg gehören 25% von Facebook, den Rest hatte er Anfang 2006 für 34 Mio $ verkauft an Accel, Greylock, Peter Thiel, Li Ka-shing und die Samwer-Brüder.
Stufe 2: Ende 2006 bietet Yahoo für Facebook 1 Mrd $. Der Medienzar Murdoch hatte eben für das 4 mal so großen MySpace nur 580 Mio $ bezahlt.
Stufe 3: Ende Okt. 2007 hatte Microsoft 1,6% von Facebook für 240 Mio gekauft, was bedeutet, dass Microsoft den aktuellen Wert damals auf 15 Mrd $ einschätzte.
Stufe 4:  August 2010 liegt der geschätzte Wert bei ca. 34 Mrd. $. (zum Vergleich: Ebay: 30 Mrd., Google 110 Mrd.)

Die Anteilseigner von Facebook zeigen nicht unbegrenzte Geduld bis Zuck das richtige Geschäftsmodell eingefallen ist, sondern haben ihm kürzlich die Powerfrau Sheryl Sandberg ins Management gedrückt, die vorher das Werbegeschäft von Google aufgebaut hatte.
Mit Aktienoptionen auf einen zukünftigen Börsengang wirbt Facebook weiteres Spitzenpersonal von Google und MySpace ab. Siehe Zuckerberg-Interview im Time Magazine. Allerdings verliert Facebook auch Mitarbeiter der ersten Stunde wie Dustin Moskovitz, und Chris Hughes mit denen Facebook 2004 im Studentenwohnheim angefangen hat.

Ideen von Mark Zuckerberg:
Zuckerberg-Idee Nr. 1: Jeder Teilnehmer kann in seine Facebook-Seite fremde Dienste und Software einbauen, die nicht von Facebook stammen. Facebook erleichtert und ermutigt dies durch eine offene Schnittstelle und eine kostenlose Entwicklerbibliothek. Sensationell ist, dass diese externen Programme sich durch beliebige eigene Werbung finanzieren dürfen, an der Facebook fast nichts verdient.
Beispiele: Amazon-Buchkritik, iLike-Musikempfehlung, Microsoft-Download, Kalender. Ende 2008 gibt es angeblich 400.000 externe Programme. Obwohl die meisten Spielerei oder Unfug sind, hat sich herausgestellt, dass sie massenhaft von den Teilnehmern in ihre Seiten eingebaut werden. Sie erhöhen die Stickiness = Klebrigkeit = Anzahl der Sekunden, die ein Leser auf einer Facebook-Seite verbringt, bevor er weiterklickt.
Facebook profitiert dadurch, dass seine Seiten weniger langweilig sind und dass viele dieser fremden Programme sich die enthaltenen Werbelinks über Facebook vermitteln lassen.
Zuckerberg-Idee Nr. 2: Facebook News Feed informiert bzw. nervt alle Friends automatisch, wenn man an seiner Seite etwas geändert hat.
Facebook News Feed wirkt als Werbemultiplizierer, da es auch einen Rundbrief verschickt, wenn man eine externe Anwendung in seine Facebook-Oberfläche aufnimmt = Virus-Marketing oder Viral Marketing.
Zuckerberg-Idee Nr. 3: Facebook öffnet sich den Suchmaschinen (wie vorher schon MySpace). Die Teilnehmer werden werden via Suchmaschine allgemein sichtbar und recherchierbar, es sei denn der Teilnehmer widerspricht ausdrücklich und bleibt dann nur innerhalb Facebooks sichtbar = Search Privacy.
Facebooks Motivation ist Mitgliederwerbung. Wenn man jemanden über eine Suchmaschine bei Facebook findet, wird der Suchende vielleicht Facebook-Mitglied, um mit der Zielperson in Kontakt zu kommen.
Zuckerberg-Idee Nr. 4: Facebook Beacon verfolgt (abschaltbar) die Aktionen des Facebook-Kunden wenn er bei eBay, Blockbuster, Sony und 44 sonstigen E-Shops einkauft. Diese Denunzianten-Shops bekommen als Gegenleistung kostenlose Werbefläche.
Vorteil für Facebook: genaueres Surfer-Profil, Schneeball-Lawinen-Effekt = Virus-Marketing
"Vorteil" für den Surfer: Facebook News Feed informiert alle Friends über den Einkauf.
Inzwischen haben eine Menge Facebook-Kunden dagegen protestiert, dass ihre Profile vermarktet werden, wenn sie nicht ausdrücklich widersprechen. Zuckerberg hat sich für das Debakel entschuldigt und versprochen, dass Beacon ab sofort nur mit ausdrücklicher Zustimmung Daten sammeln wird.
Strategisches Fernziel: Der Teilnehmer betritt das Internet grundsätzlich über sein Facebook-Passwort, seine persönliche Heimat im Internet. Er positioniert seine Freunde, Dienste und Infos als Kästchen auf seiner Facebook-Homepage. E-Mail wird überflüssig, wenn alle Kontaktpersonen in Facebook sind. Es bleibt das Problem, dass Facebook den Teilnehmer nicht einsperren kann. Man kann ihm leider das Suchen bei Google nicht verbieten.

Der Gegenangriff gegen Facebook heißt iGoogle und Netvibes, die den Spieß umdrehen: Sie bieten einen Baukasten für eine personalisierte Web-Seite, auf der man seinen Zugang zu MySpace und/oder Facebook als Kästchen positionieren kann, ohne Nerverei durch Community und Friends. iGoogle bietet wie Facebook Entwicklungstools und Raum für freie Programme und Dienste.

 

OpenSocial

Der Gegenschlag von Google gegen Facebook kam am 1. Nov. 2007, eine Woche nachdem Facebook sich mit Microsoft verbündet hatte. Google zieht alle Social Networks in sein Lager und bietet denen eine gemeinsame Schnittstelle und Bibliothek an → iGoogle. Die Fremdanbieter brauchen ihre Programme nur noch einmal zu schreiben und alle bei Google versammelten Social Networks öffnen dafür ihre Seiten.
Neben MySpace sind fast alle Feinde von Facebook dem Google-Bündnis OpenSocial bereits beigetreten: StudiVZ, Piczo, XING und viele andere.
Googles Köder ist die Aussicht auf Geld. Alle werden verdienen:
1. Die Fremdanbieter verdienen durch die Werbung, die sie ihren Diensten beimischen.
2. Die Social Networks verdienen durch Provisionen, die sie von 1. bekommen.
3. Google verdient natürlich doppelt durch Provisionen von 1. (AdSense-Werbekunden-Vermittlung) und von 2. (Mitgliedsbeitrag OpenSocial).
Süßer noch als die Aussicht auf Geld ist der Schaden, den man Facebook und indirekt Microsoft zugefügt hat.
Man hat deren Idee kopiert und gleichzeitig alle Looser unter der Google-Fahne vereinigt, was eine Übermacht ergibt.
Trotzdem knickt Zuckerberg nicht ein und Facebook läuft nicht von Microsoft zu Google über, sondern setzt weiter auf ungestümes Wachstum der Mitgliederzahlen.

 

Meta-Community

Wer Multi-Mitglied von MySpace, Facebook, YouTube, Xing, etc. ist, hat viel zu tun und verliert leicht den Überblick über seine diversen Profile, Friends und Passwörter.
Es gibt einen Bedarf für ein einheitliches Dach über die gängigen sozialen Netzwerken: Web Single Sign On. Am bequemsten wäre eine Art Identity Management, ein Netzwerk aller Netzwerke, das automatisch alles zusammenfasst.
Es ist klar, dass Google versucht, sich via OpenSocial zur Meta-Community aufzuschwingen. Sie müssten die Kunden motivieren, ihnen die fremden Passwörter zu überlassen, damit Google sich stellvertretend überall einloggt.
Ein Meta-Netzwerk kann die Entmündigung als Wohltat anpreisen; der Kunde vereinfacht damit nachweislich seine Zugänge.
So ein Meta-Netzwerk gäbe enorme Macht. Rein technisch kann es nicht schwer sein, die fremden Seiten zu filtern, bevor man sie anzeigt, d.h. die fremde Werbung durch eigene zu ersetzen.
Es ist ganz klar: Wer sich zur größten Meta-Community aufschwingt, wird das Internet beherrschen und Google hat die besten Chancen.
Das Problem des Kunden ist, dass er alle seine Passwörter der Meta-Community anvertrauen muss.
Wer das nicht will, muss selbst einen eigenen Server aufsetzen, der sich parallel bei den einzelnen Netzwerken einloggt und deren Antworten fusioniert (siehe: www.iam-wiki.org/OpenID).

 

StudiVZ, SchülerVZ, Piczo, etc.

StudiVZ wurde 2005 mit 2 Mio € gegründet und 2006 für 100 Mio € verkauft an die Verlagsgruppe Holtzbrinck (2 Mrd € Umsatz, 14.000 Angestellte).
Zuckerberg hatte 2005 versäumt, Facebook schnell genug in lokalisierten Sprachversionen zu etablieren. StudiVZ hat diese Chance genutzt und Facebook bis ins Detail kopiert (nur die Farbe Blau wurde durch Rot ersetzt) auf deutsch und polnisch.
Marcus Riecke von StudiVZ behauptet, er habe 11 Mio Teilnehmer (Studi+Schüler+Mein).
StudiVZ expandiert:
1) nach unten mit dem Ableger SchülerVZ (5,5 Mio Teilnehmer Ende 2008), das gegen Piczo bei Teenies konkurriert und
2) seit April 2008 mit einem neuen Ableger MeinVZ nach oben in Richtung ehemalige Studenten und seriösere Akademiker (Ende 2008: 1,7 Mio).
StudiVZ und seine Ableger verdienen derzeit kein Geld. Markus Riecke fürchtet Abwehrreaktionen seiner Kunden gegen Pay-Per-Click-Werbung und setzt eher auf Social Commerce mit Shopping Clubs wie brands4friends.

Facebook will den lukrativen deutschen Markt nicht kampflos dem Nachahmer StudiVZ überlassen und holt zum Gegenschlag aus. Die deutsche Version von Facebook startete im März 2008 und die StudiVZer wechseln. Aus Ärger hat Facebook im Juli 2008 Klage gegen StudiVZ erhoben wegen Diebstahls geistigen Eigentums. Ziel: Man will StudiVZ kaufen.
Facebooks Chancen stehen nicht schlecht:
a) Facebook english hat unter seinen 15 Mio europäischen Teilnehmern viele deutschsprachige, die international sichtbar sein wollen.
b) Facebook ist StudiVZ technisch überlegen.
c) Facebook ist mit dem Microsoft-Windows-Live-Portal verzahnt und bezieht seine Werbekunden vom Onlinewerbevermarkter Microsoft Deutschland.
d) An Facebook haben sich die Samwer-Brüder beteiligt, die 2005 StudiVZ mitfinanziert (und 2006 an Holtzbrinck verkauft) hatten.
Aber Deutschland ist nur ein Nebenkriegsschauplatz im Kampf der Giganten Google gegen Microsoft. Die entscheidenden Kämpfe finden in Lateinamerika und Asien statt, wo Facebook rasant wächst.

wer-kennt-wen (abgekürzt: wkw, Eigentümer: RTL) hat StudiVZ im Jan. 2009 überholt. Idee: Jeder markiert unter seinem richtigen Namen bei wkw die Personen, die er kennt, und wenn der Markierte das bestätigt, wird er in die öffentliche Deutschlandkarte eingetragen.

Piczo versammelt die Teenager, die die Studententreffs Facebook und StudiVZ und den Gemischtwarentreff MySpace für uncoole Altersheime halten. Bei Piczo geht es weniger um Kommunikation als um Selbstdarstellung in einer geschützten und kontrollierten Privatsphäre. Zwei Mitglieder können sich nur finden, wenn sie ihre Mail-Adressen kennen. Auch die Eltern können ihre Kids nicht finden, wenn sie deren Profilseite nicht kennen. Neue Mitglieder kommen nur mit einer Einladung hinein. Unerwünschte Inhalte werden entfernt. MyVideo, Yahoo, Markenartikelhersteller bieten in Piczo kostenlos Videos, Musik und Werbespots an, die die (75% weiblichen) Teenies auf ihren Seiten einbauen sollen. Piczo ist Mitglied von Googles OpenSocial.

Der Offenburger Medienmogul Hubert Burda investiert große Summen in Gruppen-Netzwerke:
Frauen: Glam, Wissenschft: Scienceblogs, Möbel: Mydeco, Finanzen: Findocs, Ärzte: Jameda.

Stardoll aus Schweden konkurriert erfolgreich gegen Piczo bei 12- bis 15-jährigen Mädchen. Man kleidet Models wie Heidi Klum oder die eigene MeDoll mit Markenprodukten ein, die man im StarPlaza-Kaufhaus einkauft. Die notwendigen Stardollars bekommt man durch Werbung neuer Mitglieder oder durch echtes Geld oder Kreditkarte.
Wichtigste Geldquelle von Stardoll sind aber Firmen wie etwa Moet Hennessy Louis Vuitton.
Sie benutzen das Netzwerk zur Hirnwäsche, um ihre Marken dauerhaft in den Köpfen der Kinder zu verankern.
 

Lokalisten gegr. 2005 in München (Eigentümer: Pro Sieben Sat.1) hat nach eigenen Angaben im Dez. 2007 1,6 Mio Teilnehmer und 1 Mrd Seitenaufrufe.

Einteilung der sozialen Netzwerke nach Zugangsbedingungen:
a) offen: Jeder kann Mitglied werden.
   z.B. MySpace, Facebook,
b) halboffen unkontrolliert: Jeder der behauptet, einer Gruppe anzugehören.
   z.B. StudiVZ, SchülerVZ, Feierabend.net, Tierfreunde.de
c) halboffen: Empfehlung (per E-Mail) von einem altem Mitglied notwendig.
   z.B. Piczo, Brands4Friends.de, Vente-privee.com
d) halbgeschlossen: Man muss sich bewerben und seine Angaben beweisen.
   z.B. Bayerische Eliteakademie, Moodle
e) geschlossen: Nur auf Einladung.
   z.B. Firmennetzwerke, Alumninetzwerke

 

Geschäftsnetzwerke: XING, LinkedIn

Xing und LinkedIn sind Business-Netzwerke für Geschäftskontakte ohne Spaßfaktor. Die Mitglieder präsentieren sich nicht mit Hund, Urlaubsfoto und Musik wie bei MySpace und Facebook, sondern mit Schlips, Kragen und Geschäftsadresse. Beide finanzieren sich über:
1. Gebühren von Premiummitgliedern = 10 $/Monat. (Der Basisdienst ist gratis.)
2. Gebühren von Firmenpräsenzen.
3. Stellenmarkt
4. AdWords-Werbung (von Porsche, Blackberry, etc.)
XING, gegr. 2003 in Hamburg, hat 2009 in Europa 4 Mio Mitglieder, Umsatz: 15 Mio €, Gewinn: 3 Mio €.
LinkedIn, gegr. 2003 in Kalifornien mit 2009 angeblich 35 Mio Mitgliedern und 100 Mio $ Umsatz. Neu: Angriff auf XING mit mit einer deutschen LinkedIn-Version.

 

Soziale Netzwerke auf Handy und Navi

Mit dem mobilen Internet wächst der Bedarf nach Handy-optimierten Zugängen.
Twitter  USA, bietet kostenloses Microblogging unter Freunden (=Followers) in Form von 128-Zeichen-Kurznachrichten etwa so: RT @newsmaker #Zukunft http://tinyurl.com/ceyu47, was bedeutet, dass jemand namens "newsmaker" alle seine Followers auffordert, unter dem Suchwort "Zukunft" den verkürzten Link "http://tinyurl.com/ceyu47" aufzurufen. Auch Verlage, Politiker und Stars bieten Twitter-Blogs und suchen Twitter-Follower, die Artikelüberschriften und Eilmeldungen erhalten. Vorteil gegenüber E-Mail: Geeignet für beliebig großen Freundeskreis mit schwacher Bandbreite und kleinen Displays. Die 3 Erfinder Dorsay, Stone und Williams haben noch keine Idee, wie man damit Geld verdienen könnte, aber offensichtlich finden sie genügend Kapitalgeber für stürmisches Wachstum ihrer Serverfarmen. Anfang 2009 gibt es 6 Mio Nutzer weltweit.
Loopt  USA, bietet mobilen Zugang zu Facebook und anderen.
Google Latitude  zeigt auf Google Maps den Standort von Freunden und veröffentlicht (mit wählbarer Genauigkeit) den eigenen Standort via GPS und/oder Netzzellenpeilung.
 

Gläserne und gefährliche Nutzer

Im sozialen Netzwerk diskutiert mancher Yuppie seine Psycho-, Drogen- und Orgasmus-Probleme und illustriert sie durch Fotos und Videos. Keinem dieser Exhibitionisten scheint klar zu sein, dass das Internet nichts je vergisst und er sich öffentlich für alle Zukunft zum Narren macht.
Die Netzwerke verlangen beim (einfachen) Eintritt private Daten. Kompliziert wird erst der Austritt und die Löschung der Daten. Auch wenn die Netzwerke den Austritt bestätigen, bleiben die Einträge in Gästebüchern und Foren zurück. Niemand kann kontrollieren, ob und wie gründlich gelöscht wurde.
Niemand weiß, wie viele professionelle Schnüffler, Insider, untreue Mitarbeiter in den Datenbanken lesen.
Jedenfalls gibt es eine gewaltige Nachfrage nach persönlichen Daten (ca. 1/3 aller Suchmaschinenanfragen).

Nicht alle Netzwerke sind gleich offen. Bei MySpace kann jeder Teilnehmer nach Klarnamen suchen, aber nicht bei Facebook und bei StudiVZ. Aber auch ein Facebook-Rundbrief im relativ geschlossene Freundeskreis kann unangenehme Nebenwirkungen haben, wenn es einem Freund an Diskretion fehlt.
Siehe New York Times am 18.02.2008: One friend Facebook hasn't made: Privacy rights.
Es gibt Widerstand gegen Facebook Beacon und StudiVZ AGB. Alle sozialen Netzwerke üben noch an dem Kunststück zielgenauer Werbung, die den Kunden nicht durch zu viel Datendurst verschreckt.
Dabei ist es keine Katastrophe, wenn ein verärgerter Kunde zur Konkurrenz wechselt. Er gewinnt nichts, er wechselt nur in eine andere Datenbank, die ihn beobachtet.
Alle Netzwerke bagatellisieren ihre Hilflosigkeit gegenüber vorgetäuschter Identität. Sie wissen nicht, wieviele erfundene Profile nicht existierender Menschen sie als Mitglieder zählen. Gefürchtet ist weniger das frei erfundene Profil, sondern die Verkleidung in ein fremdes Profil mit der Absicht, Schaden anzurichten. Es gibt Kriminelle, die sich unter fremdem Namen anmelden und erfundene Schweinereien diskutieren und illustrieren und das Opfer nichts davon ahnt. Der Schaden des Opfers interessiert die Netzwerke wenig. Aber die falschen Profile streuen Sand in die Augen der Data-Mining-Algorithmen hinter der Datenbank und stören deren lernfähigen Autofocus.

Es gibt spezialisierte Personensuchmaschinen:

Spock sucht im Internet und bei MySpace, Xing, Linkedin
piplwie Spock aber auch Blogs, Foren, Google-Buchdatenbank = Deep Internet
MyOn-ID Reputations-Management
yasniProfile zusammenstellen
ZoomInfofür Geschäftsleute
Bildquelle: NoLifeBeforeCoffee

 

Problem Urheberschutz

Content-Besitzer verklagen massenhaft diejenigen Connection-Anbieter, die User-Generated-Content UCG ins Netz stellen wegen Urheberrechtsverletzung, weil die Connection-Kunden in großem Stil geschützten Content (Filme, Videos und Musik) illegal in den Connection-Portalen platzieren.
Die Rechtslage in der EU, USA und Japan ist so, dass der Connection-Anbieter solches Material entfernen oder sperren muss, wenn der Rechteinhaber das verlangt.
Problem: Die Connection-Anbieter wollen a) ihre Kunden nicht verärgern und b) tun sich schwer, unter Millionen von Kunden-Dateien dieses Material überhaupt zu finden. Sie wollen zwar Filter einsetzen, benötigen dazu aber wiederum das geschützte Material, um ihre Filtersysteme zu füttern.
Die Content-Anbieter Disney, NBC, CBS, Fox, Viacom und die Connection-Anbietern MySpace und Microsoft haben sich so geeinigt:
Wer effektive Filter einsetzt wird nicht verklagt, auch wenn trotz der Filter oder an den Filtern vorbei illegales Material hochgeladen wurde.
Google (und damit auch die Tochter YouTube) sind der Vereinbarung nicht beigetreten und wurden prompt im März 2007 von Viacom auf 1 Mrd. $ Schadensersatz verklagt.
Siehe auch: YouTube-Gegner setzen Google zu

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